Vorwort der Herausgeberinnen
Mit unseren beiden Reihen »In unserer Mitte: Wir erzählen um unser Leben« (2015/16) und »Flüchtige Welt. Labor für Neuland« (2016/17) wollten wir als Schauspiel das Selbstverständliche tun: Geflüchteten Menschen einen Ort in Wuppertal anbieten, an dem Kunst und Kultur im Mittelpunkt stehen, Freiräume sowie Denk- und Treffpunkte existieren: Das Theater.
Durch die in Wuppertal gegründete Initiative »In unserer Mitte« von Helge Lindh war ein rascher Anknüpfungspunkt gegeben. Die angefragten Autorinnen und Autoren waren interessiert und widmeten sich, neben den vielen Unterstützenden aus unterschiedlichen Bereichen des Theaters, tastend den vielen mitgebrachten Geschichten, den teilweise unfassbaren Schicksalen.
Erste Freundschaften zu Geflüchteten entstanden, Blickweisen veränderten sich, Klischees und Vorurteile mussten hinterfragt werden.
Durch das spontane Angebot der ersten Spielzeit, wollten wir die polarisierende Blickweise aufbrechen, in Geflüchteten entweder ausschließlich bedauernswerte Opfer oder aber anmaßende Wirtschaftsimmigranten zu sehen, die eindringen, um Jobs, Häuser und Frauen zu nehmen.
Die erste Spielzeit stand zunächst unter dem Eindruck der vielen Geschichten der Neuankömmlinge, die gemeinsam mit den Autor_innen notiert wurden. Sie stehen in der vorliegenden Veröffentlichung im Mittelpunkt. In der zweiten Spielzeit kuratierten die beteiligten Autor_innen zwischen dem 2.Oktober 2016 und dem 26. Mai 2017, mit der professionellen dramaturgischen und technischen Unterstützung des Theaters, je einen Abend. Der Fokus lag auf kulturellen, künstlerischen, sozialen und politischen Themen.
An sechs Abenden gab es verdichtet hochspannende, emotionale und informative Auseinandersetzungen mit der Welt der Neuangekommenen. Die Themen reichten von der Literatur der Bergvölker (4.Oktober 2016, Hermann Schulz, Helim Yusiv), über Literatur und Musik in Syrien (4.November 2017, Christiane Giebic), dem deutsch-kurdischen Film »Memories of Stone« (23.Februar 2017, Dieter Jandt), einem »Best of: Ich bin Du, Du bist Ich« mit und von immigrierten Künstlerinnen und Künstlern (17. März 2017, Helge Lindh), den ermutigenden Beispielen, das Unterstützung nicht leicht, aber leistbar ist (7. April 2017, Torsten Krug, Dr. Cordula Fink-Schürmann) unter dem Titel »Was Helfen mit Helfenden macht« bis zum letzten Abend der Reihe »Visionen. Syrische Frauen erzählen.«(26.Mai 2017, Dorothea Müller). Jeder Abend ergab neue Aspekte, zeigte Perspektiven auf und brachte vertiefende Einsichten auf beiden Seiten. So konnten Klischees und Vorurteile aufgebrochen werden, Freundschaften geknüpft, Querverbindungen hergestellt und Wege aufgezeigt werden. Und wir erfuhren einmal mehr aus erster Hand, wie entsetzlich und überflüssig Kriege sind, welch unfassbares Leid sie bringen.
Die Reihe sprach sich herum und führte dazu, dass viele Menschen nun begonnen haben, auch lange Wege auf sich zu nehmen, um den Ort des Theaters als Diskursort für sich in der Gemeinschaft mit anderen zu entdecken. Wir entdeckten talentierte Übersetzerinnen und Übersetzer, Autorinnen und Autoren, viele wunderbare Menschen, aber auch viel Widersprüchliches und vieles, was einer Lösung auf politischer Ebene bedarf, damit Engagements nicht versanden.
So zeigt das Theater als Diskursort einmal mehr, welche Kraft in ihm steckt.
Wir danken allen Beteiligten aus nah und fern, allen Autorinnen und Autoren, den Gastgeberinnen und Gastgebern für unser aller/ihr Engagement. Für die Unterstützung zur Finanzierung von Räumlichkeiten und Übersetzerarbeiten danken wir der Dr. Werner Jackstädt-Stiftung, der Stadtsparkasse Wuppertal und dem Lions-Club Wuppertal.
Für die solidarische Begleitung des Projektes und dieser Publikation sei dem Peter Hammer Verein für Literatur und Dialog e.V. gedankt.
Ihre Susanne Abbrederis
und Dr. Cordula Fink-Schürmann
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